Bürger und Politik diskutierten in Hallstadt mit Islamexperten
Gehört der Islam zu Deutschland? Wie deutsch ist der Islam hier lebender Muslime? Der SPD-Ortsverein Hallstadt hatte in den Kulturboden zur Podiumsdiskussion „Der Islam in Deutschland“ eingeladen. Zusammen mit dem Bamberger Islamwissenschaftler, Prof. Patrick Franke, der Beauftragten für den interreligiösen Dialog der Bamberger DITIP Moschee, Daniela Isljami, dem Bamberger Autor Nevfel Cumart sowie dem Bundestagsabgeordneten Andreas Schwarz (SPD) ergab sich mit den rund 120 anwesenden Zuhörern eine lebhafte Diskussion. „Die Große Zahl an Zuhörern zeigt, dass das Thema bewegt und gerade jetzt zu diskutieren ist“, stellte die Vorsitzende des Hallstadter SPD-Ortsvereins, Angelika Keller, fest.
„Wenn Moslems zu Deutschland gehören, dann gehört auch der Islam zu Deutschland. Das lässt sich gar nicht trennen“, stellte Isljami in ihrem Einstiegsstatement fest. Sie verwies jedoch auch darauf, dass es keinen einheitlichen Islam in Deutschland gebe, sondern viele verschiedene Strömungen. In Deutschland lebende Moslems kommen aus vielen verschiedenen Kulturkreisen, aus Syrien, Afghanistan, dem Balkan oder Nordafrika, und jede Gruppe bringt ihre unterschiedlichen Auffassungen des Islams mit.
Diese heterogene Situation mache es schwer, einen zentralen Ansprechpartner zu finden, der für alle Muslime in Deutschland sprechen könnte, befand auch der Bundestagsabgeordnete Andreas Schwarz. „Es gibt kein Gesicht des Islams in Deutschland“, befand der SPD Politiker.
Das sieht der Islamwissenschaftler Franke ähnlich, unterstrich aber: „Es gibt Strömungen, die betonen, dass sich der Islam nicht allein auf die Religion beschränkt.“ Ein politischer oder sogar militanter Islam gehöre nach seiner Auffassung nicht zu Deutschland. Der Islam in Deutschland sei aber entwickelbar, erläuterte der Islamwissenschaftler.
Der Islam als Körperschaft des öffentlichen Rechts?
Problematisch sieht Franke dagegen den Import ausländischer Imame, der muslimischen Theologen, die in den islamischen Gemeinden vor Ort eingesetzt werden, auch in den von Isljami vertreten DITIP Gemeinden. „Wir überlassen die Betreuung der islamischen Gemeinden Leuten, die nicht die hiesigen Gesellschaftsstrukturen widerspiegeln“, kritisierte der Wissenschaftler.
„Dazu ist ein Ausbau der deutschen Hochschullandschaft erforderlich“, stellte Isljami fest. Deutsche Imame werde es erst geben, wenn man hierzulande auch vollwertig und vor allem praxisbezogen islamische Theologie studieren kann.
Viele Gemeinden seien nicht einmal als religiöse Gemeinschaften anerkannt, sondern sind vereinsmäßig organisiert, sind also finanziell von Spenden abhängig, die oft aus dem Ausland kommen.
Die Lösung Frankes klingt einfach: Nach dem Vorbild Österreichs könnte man den Islam – analog zu den Kirchen – in eine Körperschaft öffentlichen Rechts überführen und als Religionsgemeinschaft mit allen Rechten aber auch Pflichten gegenüber dem Staat einrichten. In Österreich ist der Status des Islam bereits seit 1912 staatlich verankert, der auch die Ausbildung der Geistlichen strikt regelt. „Der Staat wird selbst tätig und stellt die Weichen“, das sei die richtige Richtung.
Das Fehlen einer deutschen Islampolitik mache Deutschland zu einem breiten Spielfeld für den Islam. Die Politik müsse aus ihrer Passivität heraustreten. „Wir müssen diese Debatten über die schwierigen Suren des Koran führen“, empfahl Franke den Anwesenden.
„Wir müssen mehr voneinander wissen und ständig im Dialog bleiben“, bekräftigte Schwarz. Gegenseitiges Verständnis, Respekt und Empathie seien der Weg zu einer pragmatischen Politik im Umgang mit dem Islam in Deutschland. Dafür gab es spontan Applaus aus dem Publikum.