Flüchtlinge beschäftigen – Chancen und Möglichkeiten

Bamberg. Wie bringt man Flüchtlinge schnell in Arbeit, welche Hürden gibt es, und welche Qualifizierungen sind notwendig, um den Fachkräftemangel in Deutschland abzubauen? Zum Expertentalk hatten der Bamberg-Forchheimer Bundestagsabgeordnete Andreas Schwarz und Wolfgang Heyder (beide SPD) geladen. Über 100 Gäste, darunter zahlreiche Firmenvertreter aus Industrie und Handwerk, diskutierten angeregt unter anderem mit der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Anette Kramme (SPD), Brigitte Glos (Geschäftsführerin Agentur für Arbeit Bamberg und Coburg), Gerd Sandler (IHK Oberfranken), Matthias Graßmann (Handwerkskammer Oberfranken), Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke und Roland Gröber von der Berufschule Bamberg.

Stefan Ziegmann von der Agentur für Arbeit zeichnete in seiner Präsentation den Weg eines Flüchtlings von der Einreise bis zur erfolgreichen Vermittlung nach. Hier wurde deutlich, dass Deutschkenntnisse der Schlüssel für eine spätere Integration in den Arbeitsmarkt sind. „Uns geht es um eine Investition in die Zukunft der Flüchtlinge. Ein Ausbildungsplatz geht vor eine schnelle Helfertätigkeit“, sagte Ziegmann.

Diese Phase des Spracherwerbs nehme viel Zeit in Anspruch, räumte auch Brigitte Glos ein. Das Problem sei vor allem, dass es in fast keinem Land ein duales Bildungssystem wie in Deutschland gebe, was die Anerkennung von Bildungsabschlüssen und Qualifikationen erschwert. Rund neun Prozent der Flüchtlinge aus Syrien seien Analphabeten.

„Wir sammeln noch Erfahrungen. Aber wir sind für den Start gut gerüstet“, so Glos. Es sei wichtig, die Flüchtlinge grundlegend auszubilden, denn: „Das größte Risiko für Arbeitslosigkeit besteht in mangelnder Ausbildung. Niemand ist schneller wieder arbeitslos als ein Ungelernter“, betonte Glos.

Jürgen Brandl, Handwerker und Firmeninhaber aus Bamberg, bestätigte diese Einschätzung. Brandl beschäftigt seit September den 25-Jährigen Said Hussen Ysuf aus Äthiopien als Autolackierer-Azubi. „Er hat sich während eines Praktikums gegen andere Bewerber durchgesetzt. Er hat einen Grundlagenkurs Deutsch bekommen und erhält nun auch in der Schule Unterstützung. Er ist auf einem guten Weg, ist in der ganzen Firma anerkannt und ich bin zuversichtlich, dass er seine Ausbildung erfolgreich durchzuzieht“, so Brandl.

Ein Diskussionsteilnehmer bemängelte die lange Zeit, die es braucht, bis ein Flüchtling dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Ähnlich sieht es Matthias Graßmann, der Vizepräsident der Handwerkskammer. „Ich habe Bedenken, dass die Stimmung in unseren Mitgliedsbetrieben kippt“, gab er zu bedenken, und forderte die Politik auf, schnell zu handeln. Die Bamberger Kommune nahm er hierbei explizit von seiner Kritik aus. Die Stadt Bamberg verhalte sich hier sehr kooperativ, so Graßmann.

Anette Kramme, MdB, nahm den Ball gerne auf. „Das Hauptproblem ist, eine schnelle Anerkennung vom Amt für Migration zu bekommen. Wir fangen ja bereits in den Unterkünften an, den Flüchtlingen deutsch beizubringen. Deutschland hat viel Erfahrung, mit Menschen, die aus dem Ausland kommen. In Zukunft wird es das wichtigste sein, unsere Gesellschaft zusammen zu halten“, sagte Kramme. Integration sei wichtig, aber genauso wichtig sei es, die Belange derjenigen ernst zu nehmen, die den Flüchtlingen kritisch gegenüber stehen.

Die Bundespolitik habe sich um die großen Notwendigkeiten gekümmert, etwa die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. „Der Bund hat zum Beispiel die Mittel für den sozialen Wohnungsbau kräftig aufgestockt, obwohl er streng genommen gar nicht dafür zuständig ist“, sagte Kramme.

Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer, dass Sprache und eine berufliche Ausbildung die größten Integrationshilfen seien. Es gab auch Lob für die Initiativen der Agentur für Arbeit und das Engagement der Politik und der Verbände. „Industrie, Handwerk und Handel sind offen für die ankommenden Flüchtlinge und machen bereits Druck. Die Politik ist hier stark gefordert. Heute wurden Brücken gebaut, um viele Probleme auf dem kurzen Weg zu lösen“, resümierte Andreas Schwarz zufrieden den Verlauf des Expertentalks.